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Forschungsprojekt

Der Arbeiter-Samariter-Bund und der Nationalsozialismus

Der ASB legt erstmals und 130 Jahre nach seiner Gründung eine unabhängige wissenschaftliche Untersuchung zu seiner Geschichte im Nationalsozialismus vor. Das aus dem Forschungsprojekt entstandene Buch "Der Arbeiter-Samariter-Bund und der Nationalsozialismus" ist im Christoph Links Verlag erhältlich.

Vom Verbot 1933 bis zur Wiedergründung nach dem Zweiten Weltkrieg

Der überparteiliche ASB war ein aktiver Teil der Arbeiterbewegung und deswegen schon vor 1933 in Konflikte mit den Nationalsozialisten geraten. Nach deren „Machtergreifung“ am 30. Januar 1933 versuchte der ASB, die erhoffte kurze Dauer der NS-Herrschaft zu überstehen. Dabei unterschätzten die Samariter die Gewalt und den Terror des Regimes. Was wurde aus den 52.000 Samaritern, den 1.200 ASB-Ärzten, den Kolonnen?

Samariter werden verfolgt

Der ASB als Organisation war ein frühes Opfer des NS-Staats. Was blieb, waren die Samariter. Folgt man ihren Spuren, stößt man auf eindrückliche Schicksale zwischen Ermordung, Suizid, Terror, Überleben, Anpassung und Verstrickung.

Die Mitgliedschaft im ASB war kein primärer Verfolgungsgrund, sondern in den allermeisten Fällen nur „Beifang“. Die vielen jüdischen Ärzte und Mitglieder wurden aus rassenideologischen Gründen verfolgt. Die meisten Kolonnenführer waren zugleich exponierte Köpfe in Gewerkschaften oder der örtlichen SPD. Zahlreiche ASB-Ärzte gerieten besonders ins Visier der neuen Machthaber, weil sie sich wie der ASB insgesamt vor 1933 in Debatten u.a. um den § 218 zum Schwangerschaftsabbruch positioniert hatten. Ihnen allen drohten Haft, KZ, Terror und Tod.

Ein Fahrzeug wird mit Gegenständen des ASB verladen

17. April 1933: Die SA beschlagnahmt die Materialien der ASB-Kolonne Lauf an der Pegnitz, abgesichert durch dabeistehende Polizisten.

Foto: ASB Archiv

Anpassung und Verstrickung

Dem einfachen Samariter offerierte das System hingegen durchaus Möglichkeiten, sich in die „NS-Volksgemeinschaft“ einzuordnen. Brutaler Druck und Verheißungen des Regimes wirkten dabei oftmals parallel auf den Einzelnen. Auch unter den ehemaligen ASB-Mitgliedern gab es solche, die mindestens zeitweise fasziniert von den scheinbaren Erfolgen der Nationalsozialisten waren. Ein kleinerer Teil ergriff die Chance, persönlich voranzukommen, und das auch mittels intensiverer Anpassung oder gar Verstrickung im NS-Staat.

Die unterschiedlichen Stempel aus dem Frühjahr 1933 in diesem Ausweis des ASB Berlin zeigen, dass kurzfristig ein "Nationalsozialistischer Samariter-Bund" geplant war, ehe es "ASB unter nationalsozialistischer Leitung" hieß.

Foto: ASB Archiv

Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg

Und nach dem Krieg? Die Bindungskräfte der ASB-Netzwerke erwiesen sich nach 1945 als tragfähig genug, um eine Wiedergründung von ASB-Kolonnen zu ermöglichen. Bemerkenswert: Auch im ASB dominierte der Zeitgeist des „Nach-vorne-Schauens“. Das Handeln des Einzelnen zwischen 1933 und 1945 spielte eine untergeordnete Rolle. NS-Opfer, Mitläufer und Verstrickte bauten den ASB gemeinsam wieder auf. In der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR misslangen aus politischen Gründen alle Versuche, den ASB wiederaufzubauen. In den westlichen Besatzungszonen konnte vor allem durch die persönliche Aufopferung vieler alter und neuer Samariter der Wiederaufbau gelingen und zugleich die Grundlage gelegt werden für den Aufstieg des ASB zu einer der größten Hilfs- und Wohlfahrtsorganisationen Deutschlands.

Sanitätsdienst der Ulmer ASB-Kolonne beim Motorradrennen "Fuchsjagd" in Ulm. Bereits 1946 gründeten Samariter und Samariterinnen in Ulm die Kolonne "Allgemeiner Samariter Bund".

Das Forschungsprojekt

Der ASB legte im Februar 2019 erstmals und 130 Jahre nach seiner Gründung eine unabhängige wissenschaftliche Untersuchung zu seiner Geschichte im Nationalsozialismus vor. Die Studie beleuchtet die regional sehr unterschiedlichen Schicksale der bedrängten Kolonnen. Mit der Auflösung zum 1. September 1933 war das Ringen des in der Arbeiterbewegung verwurzelten Verbandes um sein Fortbestehen formal beendet. Vom ASB-Bundesvorstand wurden Historiker der Erinnerungs-, Bildungs- und Begegnungsstätte (EBB) Alt Rehse e.V. mit der Forschung beauftragt.

In Alt Rehse entstand ab 1934 die „Führerschule der Deutschen Ärzteschaft“. Bis 1941 diente das NS-Musterdorf in Mecklenburg der „weltanschaulichen Schulung“ von bis zu 12 000 Ärzten und anderen Beschäftigten im Gesundheitswesen.

Die Autoren Marthe Burfeind, Nils Köhler und Rainer Stommer folgten den höchst unterschiedlichen Wegen der Arbeitersamariter zwischen Verfolgung und Verstrickung bis 1945. Die Wiedergründung des ASB nach Kriegsende und die handelnden Personen werden betrachtet, Kontinuitäten und Brüche eingeordnet. Für Lesungen und Buchpräsentationen stellen wir auch gerne den Kontakt zu den Autoren her.

Das Buch

Das Buch umfasst 208 Seiten und kann für 25 Euro direkt beim ASB bestellt werden.

Die Ausstellung

Begleitend zum Buch gibt es eine Wanderausstellung, die kostenfrei hier ausgeliehen werden kann. Einen ersten Eindruck zur Ausstellung bekommen Sie im dazugehörigen Flyer.

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