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Erste Hilfe

Vom Lehrkurs im „Feuerstein“ zur App „ASB Schockt“: 137 Jahre Erste Hilfe beim ASB

Als am 29. November 1888 in der Alten Jakobstraße 75 in Berlin der erste „Lehrkursus über Erste Hilfe bei Unglücksfällen“ begann, war das eine kleine Revolution. Sechs Zimmerleute um den Polier Gustav Dietrich hatten genug von Ohnmacht und Zufall auf den Baustellen der rasant wachsenden Stadt. Nach Einstürzen und schweren Unfällen fehlte es an allem: an Regeln, an Material, vor allem an Menschen, die wussten, was im Notfall zu tun ist. Also nahmen Arbeiter die Sache selbst in die Hand – und legten den Grundstein für den ArbeiterSamariter-Bund.

Aus den frühen Samariter-Kursen wurden in den 1890er-Jahren Kolonnen, aus Kolonnen ein Verband, der 1909 bundesweit zusammenfand. Man trug Verwundete auf Räder- und Fahrradtragen, richtete Sanitätsdienste ein, bildete Laien aus und verankerte, was heute selbstverständlich scheint: Erste Hilfe gehört mitten ins Leben, an den Arbeitsplatz, in die Schule, auf die Straße. Der Gedanke ist bis heute derselbe – nur die Werkzeuge haben sich
verändert.

Erste Hilfe heute: breit, verbindlich, wirksam

Deutschlandweit bietet der ASB ein dichtes Netz an Kursen – für Führerscheinanwärterinnen und -anwärter, für Betriebe, für Kitas, Schulen und Familien. Was im 19. Jahrhundert als Selbstschutz der Arbeitenden begann, ist zur Bürgerkompetenz geworden: Wer helfen kann, rettet Zeit – und oft ein Leben.

Wenn Sekunden zählen: Alarmierung über Systemgrenzen

Zur Gegenwart gehört aber auch eine Realität, die die Gründer sofort verstanden haben: Im Notfall ist das Nötige selten dort, wo es gebraucht wird. Helfende müssen schnell gefunden, erreicht, geleitet werden. Genau hier setzt ASB SCHOCKT an, ein aktuelles Projekt im Verbund des ASB. Die Idee: Ersthelfende in der Nähe eines Notfalls über das Smartphone alarmieren, den nächstgelegenen Defibrillator anzeigen – und das App-übergreifend. In Kooperation mit KatRetter können Leitstellen Helferinnen und Helfer erreichen, unabhängig davon, in welcher App sie registriert sind. Gerade wurde die Anbindung an die vierte Leitstelle in Deutschland realisiert: Nach der Integrierten Regionalleitstelle Schaumburg und Nienburg folgten die Zentralen Leitstellen Bergstraße und Dietzenbach (Landkreis Offenbach) in Hessen sowie eine erste Leitstelle in der Pfalz.

„Der Landesverband Hamburg hat ASB Schockt 2018 entwickelt. Zuerst hieß das Projekt daher auch Hamburg SCHOCKT und mit dem Wunsch anderer Landkreise, das auch zu nutzen, ist das Projekt an den Bundesverband gegangen, um es technisch und organisatorisch weiterzuentwickeln“, erklärt Ruven Börger, Referent für Digitalisierung beim ASB-Bundesverband.

Die Logik dahinter ist bestechend einfach: Je mehr qualifizierte Menschen schnell erreicht werden, desto eher beginnt die lebensrettende Kette, bevor der Rettungsdienst eintrifft. ASB SCHOCKT baut dafür auf zwei Säulen. Erstens: Alarmierung – registrierte Ersthelfende mit gültigem Erste-Hilfe-Nachweis (nach § 19 FeV) werden über die Leitstelle aktiviert. Zweitens: Transparenz – Bürgerinnen und Bürger können Defibrillatoren (AED) melden,
Standorte pflegen und so die Lücken auf der Karte schließen. Auch ohne formale Qualifikation lässt sich so zur lebensrettenden Ersten Hilfe beitragen.

Technik als Verstärker, nicht als Ersatz

Die digitale Vernetzung ersetzt weder Ausbildung noch Professionalität; sie beschleunigt beides. Ausbildung schafft Handlungssicherheit – die App schafft Reichweite in Sekunden. Der Anspruch: aus vielen Inseln ein Netz zu knüpfen. Leitstellen, die bereits KatRetter nutzen, können ASB-SCHOCKT-Helfende mit einem administrativen Handgriff zusätzlich alarmieren; der Einsatzworkflow für Disponentinnen und Disponenten bleibt unverändert.

„Erste Hilfe ist seit 1888 gelebte Zivilgesellschaft – und seit heute auch vernetzte Zivilgesellschaft. ASB SCHOCKT zeigt, wie Digitalisierung Verantwortung schneller macht: Sie bringt Wissen und Hilfe dorthin, wo sie gebraucht werden. Unser Ziel ist klar: mehr Menschen erreichen, früher beginnen und dadurch mehr Leben retten.“

Dr. Uwe Martin Fichtmüller

Hauptgeschäftsführer des ASB

Ein Jahrestag als Auftrag

Der 29. November ist ein Datum der Selbstermächtigung: Aus Betroffenen wurden Handelnde, aus einem Kurs eine Bewegung. Heute knüpft der ASB an diese Haltung mit neuen Mitteln an. Wer einen Kurs besucht, stärkt nicht nur sich selbst, sondern seine Umgebung. Wer sich registriert, schenkt seiner Stadt und den Bürgerinnen und Bürgern Sekunden. Wer einen AED einträgt, schließt eine Lücke, die einmal entscheidend sein könnte.

  • Die Geschichte des ASB ist damit nicht abgeschlossen – sie wird im Alltag fortgeschrieben: im Unterrichtsraum, in der Leitstelle, auf dem Bürgersteig. Machen Sie mit: Buchen Sie einen Erste-Hilfe-Kurs, registrieren Sie sich als Ersthelferin oder Ersthelfer über ASB SCHOCKT und melden Sie den AED in Ihrer Nachbarschaft. Aus einem Jahrestag wird so eine Gegenwart, die Leben retten kann.
  • Suchen Sie hier einen Erste-Hilfe-Kurs in Ihrer Nähe: https://www.asb.de/unsere-angebote/erste-hilfe