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Ende 2015 ist das zweite Pflegestärkungsgesetz (PSG II) von Bundestag und Bundesrat verabschiedet worden. Es beinhaltet neben dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff das neue Verfahren zur Ermittlung der Pflegebedürftigkeit (neues Begutachtungsassessment) sowie einen neuen Leistungskatalog für die Pflegeleistungen.
Auch wenn die wichtigsten Teile des Gesetzes erst zum 01.01.2017 in Kraft treten werden, stellt sich schon jetzt die Frage, was diese Änderungen für die Pflegefachpersonen, pflegenden Angehörigen und die Pflegebedürftigen im Einzelnen mit sich bringen.
Die Beratung Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen wird verbessert. Die Pflegekassen benennen feste Ansprechpartner für die Pflegeberatung. Pflegende Angehörige erhalten einen eigenen Beratungsanspruch. Die Zusammenarbeit aller Beratungsstellen vor Ort wird gestärkt.
Die ärztliche Versorgung der Bewohner von Pflegeheimen wird verbessert. Durch das Hospiz- und Palliativgesetz werden stationäre Pflegeeinrichtungen verpflichtet, Kooperationsvereinbarungen mit niedergelassenen Haus-, Fach- und Zahnärzten zu schließen.
Der Zugang von Pflegebedürftigen zu Maßnahmen der Rehabilitation wird gestärkt, indem die Pflegekassen und Medizinischen Dienste wirksame Verfahren zur Klärung des Rehabilitationsbedarfs anwenden müssen.
Die Pflegekassen werden zur Erbringung von primärpräventiven Leistungen in stationären Pflegeeinrichtungen verpflichtet. Ziel ist, die gesundheitliche Situation der Pflegebedürftigen zu verbessern und gesundheitliche Ressourcen und Fähigkeiten zu stärken. Durch das Präventionsgesetz werden die Pflegekassen hierzu im Jahr 2016 insgesamt rund 21 Millionen Euro zur Verfügung stellen.
Zur schnellen Übersicht haben wir nachfolgend alle wichtigen Fakten, die 2017 in Kraft treten, aufgelistet:
Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff ist zunächst einmal deutlich weiter gefasst und reduziert die Pflegebedürftigkeit nicht wie bisher ausschließlich auf die Bereiche der Körperpflege, Ausscheidung, Ernährung, Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung.
So finden im PSG II nun auch die Bereiche der Kommunikation, der psychischen Problemlagen, der Bewältigung von Krankheiten und der damit verbundenen Therapien sowie die Gestaltung des Alltagslebens und die Pflege sozialer Kontakte ihre Berücksichtigung. Weiterhin ist der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff stärker daran orientiert, was die pflegebedürftige Person noch kann und nicht mehr wie bisher ausschließlich an deren Defiziten. (14 PSG II)
Ab dem 01.01.2017 wird die Pflegebedürftigkeit anhand von fünf Pflegegraden, die die bisherigen drei Pflegestufen ersetzen, eingeschätzt. Die konkrete Ermittlung erfolgt weiterhin durch den Medizinischen Dienst, jedoch anhand eines neuen Begutachtungsinstrumentes, welches 2016 erarbeitet und vom BMG genehmigt wird.
Vergleich der monatlichen Zahlungen für Pflegebedürftige nach der alten und der neuen Regelung im Vergleich.
Maßgeblich für diese neue Art der Einstufung ist der Grad der Selbstständigkeit der betroffenen Person in allen pflege- und hauswirtschaftlich relevanten Bereichen. Die Begutachtung erfolgt wie bisher nach Möglichkeit im Wohnumfeld der Pflegebedürftigen.
Der untenstehenden Tabelle können Sie die pflegerelevanten und hauswirtschaftlichen Module und die zugeordneten Aktivitäten und Fähigkeiten entnehmen, die - mit Blick auf die Selbständigkeit der betreffenden Person - vom Gutachter beurteilt werden.
Module, Aktivitäten und Fähigkeiten:
1. Mobilität
2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
4. Selbstversorgung
5. Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen in Bezug auf
6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Grundsätzlich gilt: Pflegebedürftige, die schon Leistungen beziehen, erhalten diese mindestens im gleichen Umfang weiter und werden automatisch in das neue System übergeleitet.
Menschen mit Pflegebedarf, die die Auffassung vertreten, dass sie durch eine Einschätzung nach dem neuen Begutachtungsinstrument besser gestellt würden, können ohne Risiko eine neue Begutachtung verlangen, bei der sie nur hinauf- nicht jedoch herabgestuft werden können.
Es besteht für übergeleitete Pflegebedürftige ein Besitzstandsschutz auf die ihnen unmittelbar vor dem 1. Januar 2017 zustehenden, regelmäßig wiederkehrenden Leistungen bei häuslicher Pflege (§ 141 SGB XI).
Hinsichtlich eines Anspruchs auf den erhöhten Betrag nach § 45b SGB XI (208 EUR) soll ein Bestandsschutz dann gelten, wenn die mit der Pflegereform verbundenen - höheren - Leistungen nicht ausreichen, um die bisher mit dem erhöhten Betrag nach § 45b SGB XI finanzierten Leistungen auszugleichen. Steigen die Leistungen demnach nicht um mindestens 83 EUR monatlich, so gilt ein Bestandsschutz in dieser Höhe. Der Pflegebedürftige erhält dann - wie jeder andere auch - 125 EUR + seinen Bestandsschutz von 83 EUR (insgesamt also wieder 208 EUR). Die Pflegekasse hat hierüber eine entsprechende Information zu erteilen.
Bei Aufenthalt in einer vollstationären Pflegeeinrichtung soll es durch die Zuordnung in eine ggf. höhere Pflegeklasse nicht zu einem Anstieg des Eigenanteils des Versicherten bzw. der Angehörigen kommen. Vielmehr wird die Pflegekasse in diesen Fällen einen Zuschlag zu den neuen Pflege-leistungen (vgl. Anmerkungen zur § 43 SGB XI) zahlen müssen, um den ggf. ab 01.01.2017 bestehenden höheren Eigenanteil im Vergleich zum bisherigen Eigenanteil auszugleichen. Dieser Zuschlag ergibt sich aus der Differenz des bisherigen Eigenanteils zum ggf. höheren Eigenanteil und soll dauerhaft gezahlt werden. Künftige weitere Erhöhungen des Eigenanteils z.B. durch Erhöhung des Pflegesatzes gehen aber weiterhin zu Lasten des Versicherten.
Interessant ist auch, dass mit dem PSG II ein einrichtungseinheitlicher Eigenanteil eingeführt wird. Dies bewirkt, dass - unabhängig vom Pflegegrad - alle Pflegebedürftigen in der stationären Einrichtung einen einheitlichen Eigenanteil entrichten. Künftige Erhöhungen des Pflegegrades wirken sich dann nicht mehr auf die ggf. zu entrichtenden Eigenanteile aus, diese bleiben dann gleich.
Welche Pflegestufe im Rahmen der Umstellung in welchen Pflegegrad umgewandelt wird und wie sich dies finanziell auf Pflegesachleistungen, das Pflegegeld, die Leistungen zur Tagespflege und auf die Heimunterbringung auswirkt, entnehmen Sie bitte der nachfolgenden Tabelle:
Dem Pflegegrad 1 dürfte ein Großteil der Antragsteller zugeordnete werden, der bislang von der Pflegekasse eine vollständige Ablehnung erhalten hat. Zurzeit geht man hier von ca. 500.000 neuen Pflegebedürftigen aus, die bislang keine Leistungen der Pflegeversicherung erhalten. Bei Pflegegrad 1 sind folgende Leistungen vorgesehen:
Pflegeberatung gemäß der §§ 7a und 7b,Beratung in der eigenen Häuslichkeit gemäß § 37 Absatz 3,zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen gemäß § 38a,Versorgung mit Pflegehilfsmitteln gemäß § 40 Absatz 1 bis 3 und Absatz 5,finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen oder gemeinsamen Wohnumfeldes,zusätzliche Betreuung und Aktivierung in stationären Pflegeeinrichtungen gemäß § 43b, Pflegekurse für Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen gemäß § 45.
Zudem gewährt die Pflegeversicherung den Entlastungsbetrag gemäß § 45b in Höhe von (dann neu:) 125 Euro monatlich. Dieser kann nur beim Pflegegrad I auch für die Sachleistung durch den Pflegedienst (Grundpflege) eingesetzt werden.
Bei vollstationärer Pflege wird ein Zuschuss in Höhe von 125 Euro geleistet.
Rund 2,7 Millionen Pflegebedürftige werden zum 1. Januar 2017 automatisch in einen der neuen Pflegegrade übergeleitet. Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen werden automatisch von ihrer Pflegestufe in den nächst höheren Pflegegrad übergeleitet. Menschen, bei denen eine dauerhafte erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz festgestellt wurde, werden in den übernächsten Pflegegrad überführt. Alle, die bereits Pflegeleistungen erhalten, erhalten diese daher mindestens in gleichem Umfang weiter, die allermeisten erhalten mehr Unterstützung.
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